Welche Voraussetzungen braucht es, um agil zu führen?

 

Die Digitalisierung schreitet immer weiter voran und auch die Führungskräfte erleben, dass die Anforderungen an die Führungskraft sich verändert. Doch ändert sich wirklich etwas für die Führungskraft?

Durch die Digitalisierung wird der Wandel und auch die Marktbedingungen immer schneller und die Wechselintensität ändert sich immer mehr auf den Märkten. Damit wird vieles komplexer. Dies führt dazu, dass die Planbarkeit und Vorhersehbarkeit von Entscheidungen nicht mehr so eindeutig ist wie es vor Jahren noch war. So steigt bei Entscheidungen die Unsicherheit über das Ergebnis. Wir leben und arbeiten in einem agilen (Arbeits-) Umfeld.


Doch was bedeutet agile Führung?

Wenn man im Duden nachschaut bedeutet agil sein, dass man regsam, wendig ist oder aber auch von großer Beweglichkeit zeugend. Wenn man dies auf die Führung von Team bezieht, dann heißt das, dass die Führung aber auch das Team sich anpassen kann auf Veränderungen von außen und innen. Dieser Gedanke ist attraktiv und passt gut in die heutige Arbeitswelt. Wie in der Einleitung beschrieben stehen Führungskräfte und ihre Teams vor der Herausforderung mit vielen und schnellen Veränderungen umgehen zu können. Wenn wir nun von agiler Führung reden, dann gilt es sowohl die Organisation so zu strukturieren, dass die Organisation beweglich bleibt im Gegensatz zu starren Organisationsstrukturen, dass Prozesse sich anpassen können an die Anforderungen der Kunden und der Teams und dass die Personen ebenfalls im Denken und Handeln beweglich sind und bleiben.

Welche Voraussetzungen braucht es, um agil zu führen?

Damit braucht es unterschiedliche Voraussetzungen um ein Unternehmen agil zu führen.

Zunächst sollte man sich das Arbeitsumfeld an sich anschauen. Wenn dieses weder komplex noch chaotisch ist, dann läuft Agilität schnell ins Leere, denn wenn die Teams den Willen haben und Strukturen so aufgebaut sind, dass sie sich schnell Veränderungen in der Umgebung anpassen können, das Umfeld sich jedoch gar nicht ändert, dann ist es sinnlos sich auf ständige Veränderungen einzustellen. Das heißt jedoch nicht, dass man selbst in einem stabilen oder komplexen Arbeitsumfeld nicht auch agiles Mindset mit integrieren kann. Wichtig ist nur dass die Erwartungen nicht so hoch angesetzt werden, die dann nicht erfüllt werden, sonst entsteht Frust und die Führungskräfte verlieren an Glaubwürdigkeit. Wenn aber Ihr Arbeitsumfeld sich stark ändert und immer wieder neue Herausforderungen auf Sie und Ihr Team warten, dann sollten Sie sich näher mit dem Modell der agilen Führung beschäftigen und zusammen mit Ihrem Team entscheiden, wieviel Agilität Sie brauchen.

Dies erfordert dann, jedoch auch wenig Hierarchiedenken. Damit ist gemeint, dass der Vorgesetzte nicht mehr der Experte auf dem Gebiet ist und auch nicht mehr derjenige ist, der alles entscheidet. Dies ist nicht nur für die Führungskraft schwierig, denn das Team entscheidet selbst ohne die Führungskraft zu involvieren. Das bedeutet für die Führungskraft loslassen und vertrauen darauf, dass das Team weiß, was es tut und die beste Entscheidung trifft. Das heißt aber auch, dass die Teams über alle relevanten Informationen verfügen, damit es die beste Entscheidung treffen kann.

Damit gewinnt Transparenz in der Führung eine größere Rolle.

Was heißt Transparenz?

Zunächst einmal ist die Definition von Transparenz, dass etwas Durchsichtig ist. Im Führungskontext heißt dies, dass eine Führungskraft (und auch ihr Team) dafür sorgt, dass jeder alle relevanten Informationen hat, um seine Aufgabe zu erfüllen und die Entscheidungen treffen zu können, die notwendig sind.

Das bedeutet also nicht, dass jeder über jeden Arbeitsschritt informiert ist und genau Bescheid weiß, wer was macht. Wohl aber bedeutet es, dass man Transparenz schafft, welche Ziele im Team und Unternehmen verfolgt werden, wie der Fortschritt der einzelnen Zielerreichungsschritte ist, welche Ziele bereits erreicht wurden, welche Probleme auftauchen, wie man diese lösen kann, was besonders gut funktioniert hat. Gerade in den Punkten, was problematisch und was besonders förderlich ist sollte eine hohe Transparenz herrschen, damit das Team voneinander lernen kann und in der Zukunft effektiver und effizienter zusammenarbeiten kann.

Und das Team selbst, was braucht das Team, um Entscheidungen zu treffen? Den Mut und die Risikobereitschaft um Entscheidungen zu treffen und für die Konsequenzen die Verantwortung zu übernehmen, das heißt auch selbständig nach Lösungen suchen, wenn das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Die Führungskraft ordnet sich also dem Wissen und Willen des Teams unter. Dies ist eine Umkehr zu dem, was Führungskräfte bisher in Unternehmen häufig als Aufgabe hatten. Fredmund Malik sieht in seinem Buch „Führen, leisten, leben“ noch ganz klar Entscheidungen als Führungsaufgabe. Doch dies setzt ein Denken Voraus, dass die Führungskraft alles weiß. Und auch heute müssen Führungskräfte noch entscheiden können, da hinter einigen Entscheidungen auch rechtliche Bedingungen und die Verantwortung bei der Führungskraft selbst gebunden ist.

Darüber hinaus muss das Team selbst sein Mindset umstellen, damit es selbst Entscheidungen treffen kann. Denn das bedeutet auch, dass sie niemanden bei einer Fehlentscheidung die „Schuld“ zuweisen können. Sie erleben die Auswirkungen ihrer eigenen Entscheidungen unmittelbar. Wenn alles gut geht, ist das auch sehr motivierend, aber wenn es schief geht, braucht es ein hohes Selbstvertrauen, ein positives Denken über Fehler und den Mut immer wieder neu anzufangen und sich auszuprobieren.

Damit braucht ein Team mit seiner Führungskraft zusammen eine ausgeprägte Vertrauenskultur. Mutig geht man auch hohe Ziele an, auch wenn das Team nicht weiß, ob es das Ziel erreichen wird, aber es hat das Selbstvertrauen, dass es alles aus sich selbst heraus tun wird, um das ehrgeizige Ziel zu erreichen. Hinzu kommt, dass sie das Risiko eingehen, dass die erste Lösung zur Zielerreichung noch viele Fehler hat, aber dass diese Fehler es dem Team ermöglichen dazu zu lernen und sich weiter zu entwickeln.  Themen und Bedürfnisse können ohne Angst und frei angesprochen werden und konstruktive Lösungen werden gemeinsam gefunden. Jeder kann sich ausprobieren und erhält dabei die Unterstützung, die er einfordert und die er benötigt.

Damit sind wir bei der nächsten Voraussetzung für agile Führung. Die Mitarbeiter und die Führungskraft brauchen ein klares Rollenverständnis für sich und ihre Funktion im Team. Dies gilt es in gemeinsamen Diskussionen zu erarbeiten. Und jeder weiß danach wofür er im Team sorgt. Diese Rolle ist nicht fix und kann sich auch innerhalb des Teams je nach Projekt verändern. Wichtig ist, dass die Rollen immer für das jeweilige Projekt klar sind und die Verhaltensweisen in unterschiedlichen Projekten und Projektteams nicht miteinander vermischt werden, was eine große Klarheit und Selbstreflektion erfordert.

Wer sein Team agil führen möchte, der braucht Mitarbeiter, die ein hohes Selbstvertrauen in sich haben, damit sie auch bei Schwierigkeiten oder wenn etwas mal nicht so funktioniert wie erhofft, die Mitarbeiter ihr Können nicht in Frage stellen. Sie sollten auch in ihr Wissen und können Vertrauen, damit sie auch den Mut haben, dass sie die besten Entscheidungen treffen und sich und ihre Leistungen möglichst richtig einsetzten.

Vieles kann man nicht einfach  anordnen, sondern die Führungskraft und ihr Team muss sich auf eine Reise begeben, auf der sie gemeinsam lernen, wie sie ihr Team agiler machen wollen und wie ihre Einstellung und Struktur am besten zu dem eigenen Umfeld passt. Dies ist ein fortlaufender Prozess, da sich ja auch das Umfeld immer wieder wandelt.

Gleichzeitig steigt bei den Kunden das Qualitätsbewusstsein immer mehr an, die Lieferungen müssen schneller, qualitativ besser, ökologisch und ökonomisch sein und der Anspruch an den Service steigt. Damit wird nicht nur die Belastung der Mitarbeiter in den Unternehmen erhöht, sondern auch die Prozesse müssen sich verändern. Immer mehr Teams arbeiten selbstorganisiert mit sehr flachen Hierarchien und arbeiten vernetzter nicht nur mit anderen Abteilungen aus dem gleichen Unternehmen, sondern auch mit Teams aus anderen Unternehmen zusammen.

Auch die Machtverhältnisse verschieben sich innerhalb der Unternehmen, die Führungskraft ist nicht mehr Autorität kraft ihres Amtes, sondern oft umgeben von Experten, die sie beraten und eigene Entscheidungen treffen wollen. Dazu gibt es schon heute in einigen Bereichen den Fachkräftemangel und gute Mitarbeiter zu finden und an das Unternehmen zu binden ist eine wichtige Führungsaufgabe geworden.

Hinzu kommt ein neues Wertesystem in der Gesellschaft und damit auch neue Erwartungen der Mitarbeiter an die Führungskraft: Sie soll Sinnstifter sein, Zukunftsvisionen entwickeln, und in einer komplexen und sich ständig wechselnden Welt Stabilität und Sicherheit im Team geben. Das alles beinhaltet, dass die Ansprüche und die Rolle der Führungskraft im Team sich verändern.

Im Grunde sind die Anforderungen alle nicht neu. Sie gewinnen nur immer mehr an Bedeutung und das in einem Führungsalltag, der geprägt ist durch operative Arbeiten, schnelle Reaktionen und hohem Anspruchsdenken von Führungskräften selbst, Mitarbeitern und den Vorgesetzten. Es geht mehr darum ein sowohl als auch zuzulassen. Ein Beispiel hierzu: Transparenz ist wichtig, wie ich weiter oben im Artikel ausgeführt habe. Wenn aber die Mitarbeiter und die Führungskraft zu viele Informationen erhalten und zu viel Details mitbekommen, dann ist die Informationsflut nur unter großem Stress, wenn überhaupt zu bewältigen. Dies bekommen wir alle täglich mit, wenn wir in zu vielen Mails in CC gesetzt werden. Hier fühlen sich viele verpflichtet zu reagieren, sich an der Diskussion zu beteiligen. Dies kann zu viel werden. Es geht immer um ein richtiges Maß an Transparenz, Vertrauen, Kontrolle, Entscheidungsfreiheit, Geschwindigkeit, ….

Fazit:

Um agil zu führen braucht es auch ein agiles Umfeld, sowohl was das äußere Umfeld anbelangt als auch was das Mindset der Menschen im Unternehmen angeht. Die Ausprägungen ergeben sich immer aus einem klaren und von allen Seiten anerkannten Rollenverständnis der Teammitglieder und der Führungskraft, das auch genau so konsequent gelebt wird, bis man sich auf ein neues Rollenbild verständigt, weil es die Rahmenbedingungen erfordern. Sie müssen sich über gemeinsame Werte und wie diese im Alltag gelebt werden einig sein und jeder lebt auch diese Werte. Ohne Commitment des Teams und der Führungskraft auf agiles Handeln wird es sehr schwer, agil zu führen und das Unterhemen agil auszurichten.

Letzte Änderung am Sonntag, 15 November 2020 15:23
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